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Kündigung wegen Totalsanierung
Sanierungen wirbeln viel Staub auf, oft erhalten alle Mieter*innen eine Kündigung. Dass Widerstand in diesem Fall nicht immer zwecklos ist, zeigen diese Tipps.
- Augen und Ohren offen halten
- Vorübergehenden Umzug anbieten
- Gemeinsam ist man stärker
Totalsanierung – nur ein Vorwand für höhere Mietzinsen nach Neuvermietung?
Renovationen, bei welchen Mieter*innen in den Wohnungen bleiben können, kommen vor. Vielfach sind aber so umfassende Sanierungen nötig, dass ein Verbleib der Mietenden in den Wohnungen nicht möglich erscheint – das ist zumindest vielfach die Ansicht der Verantwortlichen. Ob das objektiv betrachtet tatsächlich der Fall ist oder ob es eher darum geht, nach der Sanierung mit der Neuvermietung höhere Mietzinse einzustreichen, muss im Einzelfall geprüft werden.
In Basel gilt seit dem 28.5.2022 das Wohnschutzgesetz. Ziel des Wohnschutzgesetzes ist es, teure «Rendite-Sanierungen», die zu höheren Mietpreisen führen, zu verhindern. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Vermieter*innen für sämtliche Sanierungen, Renovationen und Umbauten, die über den einfachen ordentlichen Unterhalt hinausgehen in Zeiten der Wohnungsnot bei der Wohnschutzkommission eine Bewilligung einholen. Diese legt zudem fest, wie viel der Mietzins maximal erhöht werden darf. Die Kantone Genf und Waadt kennen ähnliche Gesetze zum Schutz von bezahlbarem Wohnraum.
Vor der Kündigung: Ohren offen halten
Seriöse Vermieter*innen informieren ihre Mieter*innen rechtzeitig über eine geplante Sanierung, deren Durchführung und über die Konsequenzen, mit denen die Bewohner*innen rechnen müssen. Erhalten Mieter*innen tatsächlich eine solche Mitteilung oder erfahren sie auf anderem Weg, dass ihre Liegenschaft saniert und deshalb leergekündigt wird, sind die juristischen Verteidigungsmittel dagegen noch bescheiden. In diesem Stadium können Mieter*innen allenfalls Korrekturen am Sanierungsvorhaben mittels einer Einsprache gegen das Baugesuch erwirken. Sind alle Bauvorschriften eingehalten, sind die Erfolgsaussichten einer Baueinsprache allerdings unsicher.
Vorübergehenden Umzug anbieten
Gemäss dem Bundesgericht ist eine Kündigung wegen einer Sanierung dann missbräuchlich, wenn Mieter*innen der Vermieterschaft einen vorübergehenden Auszug aus der Wohnung anbieten. In diesem Fall werden die Renovationsarbeiten nämlich nicht durch die Anwesenheit der Mietenden behindert. Die Kündigung wäre aus dem Grund missbräuchlich, dass ein schutzwürdiges Kündigungsinteresse fehlt. Sie sollten deshalb Ihrer Vermieterin möglichst schnell und unbedingt noch vor der Kündigung schriftlich anbieten, während der Sanierung anderswo unterzuschlüpfen, um danach die eigene, renovierte Wohnung wieder beziehen zu können. Dies natürlich nur, sofern auch tatsächlich eine Ausweichmöglichkeit besteht.
Gemeinsam ist man stärker
Kündigt die Vermieterschaft eine Sanierung an, haben Mieter*innen bessere Chancen, wenn sie Korrekturen am Vorhaben oder am Vorgehen gemeinsam einfordern. Dabei müssen die Bedürfnisse der Mieter*innen zusammengefasst und gewichtet werden. Eventuell könnten Sie als «Sprachrohr» fungieren, indem sie die Anliegen und Forderungen bei der Vermieterschaft vertreten und die Verhandlungen führen. Ist die Vermieterschaft fair, so könnten Sie mit dieser Strategie allenfalls erreichen, dass die Sanierung sozialverträglich gestaltet wird.
Der Gang an die Öffentlichkeit
Mieter*innen können versuchen, sich über die Öffentlichkeit Gehör zu verschaffen. Dadurch riskiert die Vermieterschaft ihren guten Ruf, den sie in der Region allenfalls geniesst. Womöglich kann auch die Politik und der Mieterinnen- und Mieterverband einbezogen werden. Gerade bei grösseren Bauvorhaben kann diese Unterstützung viel bewirken.
Will die Vermieterschaft das Mietverhältnis kündigen, muss sie gewisse Formalitäten einhalten. Die Vermieterin muss Ihnen die Kündigung auf einem amtlich genehmigten Formular mitteilen. Andernfalls ist sie nichtig. Eine weitere Formvorschrift gilt für Kündigungen von Familienwohnungen, in denen ein Ehepaar wohnt. Gemäss Art. 266m OR muss die Vermieterschaft beiden Ehepartner*innen ein separates Kündigungsformular schicken, selbst wenn nur eine der beiden Personen den Mietvertrag unterschrieben hat. Sonst ist die Kündigung ebenfalls nichtig. Dies gilt übrigens auch für Mieter*innen die in einer eingetragenen Partnerschaft leben.
Fristen und Termine
Auch bei einer Sanierungskündigung muss sich die Vermieterschaft an die vertragliche Kündigungsfrist und den Kündigungstermin halten. Die Kündigung muss vor Beginn der Kündigungsfrist bei Ihnen eintreffen. Falls die Kündigung per Einschreiben erfolgt, gilt als Zustelltermin entweder der Tag, an dem die Sie die Sendung tatsächlich entgegengenommen haben, oder – falls Sie ihn nicht abholen – derjenige, an dem sie den Brief erstmals bei der Poststelle hätten abholen können. Ab diesem Zeitpunkt beginnt auch die Rechtsmittelfrist für eine Kündigungsanfechtung und/oder ein Erstreckungsbegehren zu laufen. Der Folgetag ist Tag 1 der 30-tägigen Anfechtungsfrist. Das gilt unabhängig davon, ob die Sie die Sendung abholen oder nicht. Eingeschriebene Briefe einfach zu ignorieren bringt Ihnen keine Vorteile.
Kündigung anfechten
Die Anfechtung der Kündigung bei der Schlichtungsbehörde innerhalb von 30 Tagen ist nun das einzige Mittel, das Ihnen noch bleibt. Lassen Sie diese Frist ungenützt verstreichen, gilt die Kündigung als akzeptiert, sogar dann, wenn sich die Sanierung im Nachhinein als «faule Ausrede» entpuppen sollte. Gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts stehen die Chancen für eine Anfechtung der Kündigung gut, wenn die geplante Sanierung auch im bewohnten Haus ohne wesentliche Verzögerung oder Komplikationen möglich wäre, wie dies etwa beim Streichen von Wänden, blossen Aussenrenovationen oder Balkonanbauten der Fall wäre. Dann gibt es keinen schutzwürdigen Grund für eine Kündigung. Auch eine Kündigung «auf Vorrat» ist missbräuchlich, so zum Beispiel, wenn das Bauvorhaben im Zeitpunkt der Kündigung noch nicht ausgereift ist. Nicht ausgereift ist ein Sanierungsprojekt dann, wenn die Vermieterschaft lediglich über einen einfachen Entwurf für die zukünftigen Arbeiten verfügt, wenn noch gar kein Baugesuch eingereicht wurde, nur ein Investitionsplan vorliegt oder die Finanzierung ungesichert ist. Missbräuchlich ist eine Kündigung ebenfalls, wenn die Sanierung nicht realitätsnah oder sogar unmöglich erscheint, der Umfang der geplanten Arbeiten und die Notwendigkeit des Auszugs der Mietenden also gar nicht zu beurteilen ist.
Im Einzelfall ist es eine Ermessensfrage, ob eine Kündigung wegen Sanierungsarbeiten missbräuchlich ist. Beurteilt die Schlichtungsbehörde oder das Gericht eine Kündigung als missbräuchlich, wird sie aufgehoben und ein dreijähriger Kündigungsschutz wird ausgelöst.
Recht auf Erstreckung
Selbst wenn die Schlichtungsbehörde oder das Gericht die Kündigung als rechtmässig beurteilt, müssen die Sie nicht sofort ausziehen. Sie können dann eine Mieterstreckung verlangen. Die Schlichtungsbehörde oder das Gericht muss dann abwägen, wie hart Sie die Kündigung trifft und wie dringend das Sanierungsvorhaben der Vermieteterschaft ist. Ob und wie lange eine Erstreckung gewährt wird, ist eine Ermessensfrage. Dabei werden die Interessen der Vermieterschaft und die Ihrigen gegeneinander abgewogen. Wenn Sie finanziell knapp dastehen oder Kinder haben, erhalten Sie eher eine längere Erstreckung. Entscheidend ist auch die Situation auf dem Wohnungsmarkt. Belegen Sie Ihre Suchbemühungen als Mieter*in glaubhaft, etwa mit Kopien von Bewerbungsschreiben oder Internetanfragen. Üblicherweise können Mieter*innen mit einer Erstreckung von mindestens einigen Monaten rechnen, manchmal sogar mit einer von mehr als einem Jahr. Die gesetzliche Maximaldauer beträgt für Wohnungen vier Jahre. Ein so langer Aufschub ist in der Praxis aber selten – leider.
Tipps aus dem Alltag
Die Vermieterschaft will meine Küche erneuern. Mir gefällt die alte Küche jedoch, ich habe kein Interesse an einer neuen. Kann ich die Küchenerneuerung verhindern?
Nein, Sie können die Vermieterschaft nicht daran hindern, die Küche zu erneuern. Das ist ihr Recht als Eigentümerschaft der Liegenschaft. Sie muss Ihnen die Renovationsarbeiten aber rechtzeitig ankündigen, also mindestens zwei bis drei Monate vorher. Zudem muss die Vermieterschaft alles Zumutbare unternehmen, um die Unannehmlichkeiten für Sie so gering wie möglich zu halten. Nicht zulässig ist eine Küchenerneuerung nur im gekündigten Mietverhältnis, also zwischen Kündigung und Auszug. Ob Sie als Mieterschaft gekündigt haben oder die Vermieterschaft, spielt dabei keine Rolle. Nach der Erneuerung der Küche kann die Vermieterschaft vermutlich sogar den Mietzins erhöhen. Dabei kommt es darauf an, ob und wie stark die Renovation eine Wertvermehrung darstellt. Für die Dauer der Renovationsarbeiten haben Sie hingegen Anspruch auf eine Mietzinsreduktion als Entschädigung für Ihre Unannehmlichkeiten.
Wir haben unsere Wohnung im obersten Stock gekündigt. Müssen wir den geplanten Estrichausbau von unserem Auszug akzeptieren?
Nein, die Vermieterschaft darf Umbauarbeiten nur vornehmen, wenn diese für Sie zumutbar sind und wenn das Mietverhältnis nicht gekündigt ist. Da Sie bereits gekündigt haben, sind Umbauarbeiten in Ihrer Wohnung nicht zulässig. Wieweit Sie in anderen Gebäudeteilen zulässig sind, kommt auf die Umstände an. Wenn Sie durch die Arbeiten im Estrich stark beeinträchtigt werden, müssen Sie diese nach unserer Ansicht während der Kündigungsfrist auch nicht hinnehmen.
Unter welchen Voraussetzungen habe ich als Mieterschaft Anspruch auf Erstreckung des Mietverhältnisses?
Wenn die Kündigung für Sie eine Härte darstellt. Diese ist gegen die Bedürfnisse der Vermieterschaft abzuwägen. Der Entscheid über eine Mieterstreckung ist somit Ermessenssache. In Wirklichkeit ist eine Mieterstreckung heutzutage Routine. Fast alle Mieter*innen verlangen eine Mieterstreckung, wenn sie eine Kündigung erhalten. Und in aller Regel erhalten Sie auch eine.
Wie lange wird ein Mietverhältnis erstreckt?
Das ist Ermessenssache. Die Schlichtungsbehörde nimmt dazu eine Abwägung der Interessen von Mieterschaft und Vermieterschaft vor. Laut Gesetz kann bei Wohnungen maximal vier und bei Geschäftsräumen sechs Jahre erstreckt werden. Diese Maximaldauer wird aber selten gewährt, jedenfalls nicht in einem ersten Schritt. Gemäss Gesetz kann nach Ablauf der ersten Erstreckung eine zweite verlangt werden. Beide Erstreckungen zusammen dürfen die gesetzliche Maximaldauer von vier beziehungsweise sechs Jahren jedoch nicht überschreiten. Für eine zweite Erstreckung müssen Sie als Mieterschaft allerdings sehr schwerwiegende Gründe vorbringen. Wird im Schlichtungsverfahren ausdrücklich nur eine einmalige Erstreckung festgelegt, ist eine Zweiterstreckung ausgeschlossen.
Sind die Formalitäten gleich, wenn Vermieterschaft oder Mieterschaft kündigen?
Nein, da Sie als Mieterschaft von einer Kündigung existenzieller betroffen sind, muss die Vermieterschaft bei einer Kündigung strengere Formalitäten einhalten. Sie muss ein amtlich genehmigtes Formular verwenden, das eine Rechtsmittelbelehrung enthält, und im Falle einer Familienwohnung beiden Ehepartner*innen mit separater Post ein Exemplar davon zukommen lassen. Als Mieterschaft müssen Sie hingegen nur schriftlich kündigen. Ehepartner*innen müssen zwar beide die Kündigung unterschreiben, können das aber auf dem gleichen Blatt tun. Aufgepasst: Diese Bestimmungen gelten nur für die Kündigung von Wohn- und Geschäftsräumen.
Muss eine Kündigung begründet werden?
In Art. 271 OR steht, eine Kündigung sei auf Verlangen zu begründen. Aber aufgepasst: Gültig ist sie auch ohne Begründung. Als Mieterschaft müssen Sie eine Kündigung also auch anfechten, wenn sie nicht begründet ist oder wenn die Vermieterschaft eine Begründung verweigert. Eine Verweigerung der Begründung durch die Vermieterschaft erhöht Ihre Erfolgsaussichten bei einer Anfechtung der Kündigung. Das Gleiche gilt, wenn sich die angegebene Begründung als falsch beziehungsweise vorgeschoben erweist. Streng nach dem Wortlaut des Gesetzes könnte die Vermieterschaft auch eine Begründung verlangen, wenn Sie als Mieterschaft Ihre Wohnung kündigen. Da die Vermieterschaft eine Kündigung von Ihnen nicht anfechten kann, spielt es jedoch keine Rolle, wenn Sie diese nicht begründen.
Ist eine Kündigung ungültig, wenn Sie zu spät eintrifft?
Nein, sie wird auf den nächsten ordentlichen Kündigungstermin wirksam.
Gut und schnell beraten
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