01.06.2017
Kleinigkeiten gehen ins Geld
Für kleine Reparaturen müssen Sie als Mieterin oder Mieter selber aufkommen. Doch was heisst klein? Die Grenze liegt tiefer, als man denkt.
Eines Tages steigt in Ihrer Mietwohnung der Geschirrspüler aus. Sie rufen die Verwalung an, und die schickt einen Servicemonteur. Nach einigen Wochen erhalten Sie dafür eine Rechnung über 200 Franken. Müssen Sie diese bezahlen? Ja, meint die Verwaltung. Denn es handle sich um eine kleine Reparatur. Der Unterhalt eines Mietobjekts ist gemäss Art. 256 OR Sache des Vermieters. Folglich muss er grundsätzlich für Reparaturen aufkommen. Eine Ausnah-me gilt für kleine Reparaturen. Diese gehen laut Art. 259 OR tatsächlich zulasten der Mieterin oder des Mieters. In der Fachsprache spricht man vom sogenannten «kleinen Unterhalt».
Was aber heisst klein, und wo liegt die Grenze?
Die Verwaltung verweist dazu auf Ihren Mietvertrag. Dort steht, zum kleinen Unterhalt gehöre eine Reparatur, wenn sie nicht mehr als ein Prozent des Jahresmietzinses koste. Sie bezahlen einen Monatsmietzins von 1700 Franken, also 20‘400 Franken im Jahr. 200 Franken sind in der Tat nicht ganz ein Prozent davon. Also werden Sie die Reparatur des Geschirrspülers wohl oder übel bezahlen müssen? Nein! Solche Vertragsklauseln wie die eben angeführte sind zwar noch recht verbreitet. Aber es ist unbestritten, dass sie vor dem Gesetz nicht standhalten. In einem Mietvertrag kann man die Grenze des kleinen Unterhalts nicht beliebig hoch ansetzen, sonst würde die grundsätzliche Unterhaltspflicht des Vermieters vollständig ausgehebelt. Und das ist gemäss Art. 256 Abs. 2 OR unzulässig. Gemäss neuerer Gerichtspraxis gehörennur Reparaturen zum kleinen Unterhalt, die handwerklich normal begabte Mieterinnen oder Mieter ohne spezielles Fachwissen selber ausführen können. Darunter fallen zum Beispiel das Ölen von Scharnieren oder das Anziehen einer lockeren Schraube bei einer Steckdose. Um eine Kleinreparatur handelt es sich beispielsweise auch beim Entstopfen des Abwassersyphons beim Lavabo, sofern dieser mit einfachen Handgriffen geöffnet werden kann. Bis vor einigen Jahren ging man hingegen davon aus, als Mieterin oder Mieter müssten Sie alle Reparaturen bezahlen, die nicht mehr als 150 Franken kosten. Diese Faustregel ist nun aber überholt. Ebenfalls nicht selber vornehmen müssen Sie Unterhalts- und Reinigungsarbeiten, die gefährlich sind. Sie sind also beispielsweise nicht verpflichtet, aufs Dach zu steigen und das Laub aus der Dachrinne zu krat-zen oder eine Glasfassade von aussen zu reinigen. Dasselbe gilt für das Aushängen der Fensterläden.
Vertragsklauseln – was ist erlaubt?
In gewissen Mietverträgen steht zwar, die Mieterinnen und Mieter hätten jährlich die Fensterläden zu ölen. Sofern Sie im Erdgeschoss wohnen, mag diese Klausel zulässig sein. Ansonsten aber ist das Ölen der Fensterläden mit gefährlichen Kletterpartien verbunden, die man Ihnen nicht zumuten kann. Zudem besteht das Risiko, dass Ihnen ein Fensterladen beim Aushängen entgleitet und zu Boden stürzt. Dabei könnten Passanten schwer verletzt werden. Für Fassadenarbeiten und das Aushängen von Fensterläden hat der Vermieter Fachleute kommen zu lassen, die ein Gerüst stellen oder eine Hebebühne verwenden. Auf Ihre Kosten ersetzen müssen Sie als Mieterin oder Mieter allerdings auch Kleinteile wie Backbleche, Dampfabzugsfilter, Zahngläser oder einen Duschschlauch. Dies aber nur, wenn der betreffende Gegenstand im Detailhandel erhältlich ist und nicht mehr als ungefähr 150 Franken kostet. Aber halt: Muss man bei der Beschaffung von Ersatzteilen nicht die Altersentwertung berücksichtigen? Nein, im Bereich des kleinen Unterhalts spielt die Altersentwertung keine Rolle. Auch wenn ein Duschschlauch noch so alt ist, müssen Sie ihn als Mieterin oder Mieter vollumfänglich auf eigene Kosten er- setzen. Auch der Ersatz von Gemüseschubladen im Kühlschrank fällt beispielsweise unter den kleinen Unterhalt. Dies gilt aber nicht, wenn der Kühlschrank auch sonst schadhaft ist und eigentlich ersetzt werden müsste. Dann können Sie sich als Mieterin oder Mieter weigern, für die Gemüseschubladen aufzukommen und den Vermieter auffordern, einen neuen Kühlschrank zu beschaffen. Die ist übrigens auch aus ökologischen Gründen sinnvoll, weil neue Kühlschränke wesentlich weniger Energie verbrauchen als alte. Die Regelung über den kleinen Unterhalt wird häufig beim Auszug aus einer Wohnung aktuell. Als Mieterin oder Mieter müssen Sie alle Kleinreparaturen vor der Wohnungsabgabe erledigt haben, sonst kann sie Ihnen der Vermieter in Rechnung stellen. Beim Einzug in eine neue Wohnung können Sie hingegen verlangen, dass der Vermieter alle erforderlichen Kleinreparaturen auf seine Kosten beheben lässt.
Text: Ruedi Spöndlin